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Pastorale Perspektiven in Zeiten des Wandels

Blick aus dem Festsaal auf das Podium

Blick in die Reihen der Interessierten

Zum Amtsantritt des neuen Direktors der Pastoralen Dienste der Diözese St. Pölten, Mag. Johann Wimmer, stellten Wimmer und seine Amtskolleginnen Dr.in Veronika Prüller-Jagenteufel (ED Wien) und Dr.in Hildegard Wustmans (design. Bistum Limburg/KU Linz) ihre Blicke in die Zukunft von Kirche und Pastoral vor und traten darüber mit den zahlreichen Interessierten ins Gespräch.



Hochkarätiges Pastoralgespräch: Kirche soll viele zur Beteiligung ermutigen

von Wolfgang Zarl

"Wer mit Kirche in Berührung kommt, erhebt das Haupt und fasst neue Hoffnung. Denn die Kirche als Werkzeug Gottes genügt sich nicht selbst“, so fasste Johann Wimmer, neuer Direktor der Pastoralen Dienste der Diözese St. Pölten, seine Vision bei einem hochkarätigen Pastoralgespräch zusammen. Daran nahmen im St. Pöltner Bildungshaus St. Hippolyt auch Veronika Prüller-Jagenteufel, Pastoralamtsleiterin der Erzdiözese Wien, und Hildegard Wustmans, Professorin der Pastoraltheologie, Katholische Privatuniversität Linz teil. Moderiert wurde die Veranstaltung, die anlässlich des Amtsantrittes von Wimmer stattfand, von Franz Moser vom Hippolythaus.
 
Zweifellos sei unsere Zeit eine Zeit des gesellschaftlichen, technologischen, kulturellen Wandels, vielleicht mehr als andere Zeiten, jedenfalls Wandel in hohem Tempo. Dies betreffe ganz stark auch Kirche und Pastoral, die auf allen strukturellen und inhaltlichen Ebenen mitten in und vor großen Herausforderungen stehen.

Wimmer: Feuer entfachen

Es brauche laut Wimmer Halt und Orientierungen in der Zeit des rasanten Wandels in Kirche und Gesellschaft. Orientieren könne man sich an Haltungen. In der Pastoral gehe es immer zuerst um den Menschen, der in seiner Gottesebenbildlichkeit offen für Dialog und Begegnungen sei. Gott zu entdecken, bedürfe der Achtsamkeit. Ein weiteres wichtiges Kriterium sei das der Subsidiarität, die von unten nach oben denke. Auch die Pfarrgemeinden sollten tun, was sie tun können. Die Kirche müsse jedenfalls die Rahmenbedingungen für die Teilnahme schaffen. Wichtig ist dem langjährigen Pastoralassisenten aus der Pfarre Gföhl auch, dass nicht alles gelingen müsse, es könne auch mal etwas schiefgehen – entscheidend seien das Tun und das Lernen. In den Pfarren müsse es außerdem eine leidenschaftliche Spiritualität geben. Alles, was dem inneren Feuer entspringe, werde auch bei anderen als Feuer entspringen. Haltungen alleine würden allerdings nicht genügen, es müsse auch konkretisiert und gehandelt werden.

Prüller-Jagenteufel: Mut, Neues auszuprobieren

Die Wiener Pastoralamtsleiterin Prüller-Jagenteufel sprach davon, dass die Zeit sich schnell drehe und unübersichtlich sei. Im Rahmen des Erneuerungsprozesses in der Erzdiözese Wien habe sie den Pfarren mehrere Empfehlungen gegeben. Sie sollten auf ihre Visionen und auf ihre Sendung schauen und sich fragen, was die Menschen konkret beschäftigt. Die Pfarren sollten dabei auch auf Menschen zugehen, die Christus nicht kennen, wobei es nicht auf das Wachstum ankomme. Sie empfiehlt weiters, gemeinsam in der Heiligen Schrift zu lesen – auch in der alltäglichen Zusammenkunft. Dazu brauche man kein Experte zu sein, aber über die Bibel zu sprechen sei wichtig. Überhaupt sei das „gemeinsam glauben“ ein entscheidender Faktor, denn das stütze einander. Weil sich die Welt verändere, sollten Pfarren Neues ausprobieren und dafür die Talente ihrer Pfarrmitglieder ansprechen. Die Ortsgemeinden sollten auch lernen zu differenzieren: Eine Gemeinde könnte als Schwerpunkt Kinderpastoral haben, eine andere Altenpastoral, wieder eine andere könnte den Schwerpunkt auf die Umwelt legen. Man solle sich weiters bewusst machen, dass das kirchliche Leben nicht nur in den Pfarren stattfinde, sondern auch in Schulen, Klöstern oder Krankenhäusern.

Prüller-Jagenteufel empfiehlt jedenfalls, Neues auszuprobieren, was auch eine Bereitschaft zu Risiko bedeute. Dringlich sei der Blick auf die Gesellschaft. Herausforderungen seien unter anderem das Älterwerden der Menschen als auch die Brüchigkeiten des Lebens. Kirche solle der Raum sein, wo das alles Platz hat: etwa der Umgang mit Fremden oder Ängsten. Gute Leitungen in  kirchlichen Funktionen seien da zentral – das betreffe Haupt- und Ehrenamtliche. Auch sie betont die Wichtigkeit, dass sich alle in der Kirche gut beteiligen können.

Wustmans: Papst für bewegliche Kirche

Die Linzer Pastoraltheologin Wustmans – die künftig in der Diözese Limburg wirken wird - erklärte: „Wir leben in Zeiten dramatischer Veränderungen und zunehmender Komplexität. Das kann verwirren, beunruhigen und bisweilen ängstigen. Aber den Wandel hat es schon immer gegeben – das nannte man früher Zukunft.“ Allerdings sei man da noch von einer Zukunft im Modus der Utopie ausgegangen, einer Vision von Zukunft, in der das Beste erst noch kommt. Doch mit den utopischen Zukunftskonzepten scheine es vorbei zu sein. Auch der Kirche seien Wandlungsprozesse nicht fremd. Schon im Neuen Testament fänden sich Hinweise für die Auseinandersetzung und den Umgang mit Veränderungen. Exemplarisch verweist Wustmans auf das Apostelkonzil. Aufgrund des Missionserfolges von Paulus hätte sich die religiöse Landkarte verschoben und man musste sich neu positionieren. Die jetzige Situation sei eine günstige für die Kirche. Dazu sei es erforderlich anzuerkennen, dass sich die „Kirche und ihre Pastoral verflüssigen“ müsse. Mit Papst Franziskus gebe es derzeit einen Papst, der für eine Kirche , stehe, die in Bewegung sei und sich im Modus der Beweglichkeit weiter entwickeln solle. Sie verweist auf Evangelii Gaudium 97, dass es eine Notwendigkeit ist, dass „man die Kirche in Bewegung setzt, dass sie aus sich herausgeht, in eine auf Jesus Christus ausgerichtete Mission, in den Einsatz für die Armen. Gott befreie uns … um uns selbst zu kreisen, verborgen in einem religiösen Anschein über gottloser Leere“. Der Papst hoffe, dass alle Gemeinschaften dafür sorgen, die nötigen Maßnahmen zu ergreifen, um auf dem Weg einer pastoralen und missionarischen Neuausrichtung voranzuschreiten, der die Dinge nicht so belassen darf wie sie sind, zitiert Wustmans aus Evangelii Gaudium. Die renommierte Pastoraltheologin weiter: Jetzt diene uns nicht eine „reine Verwaltungsarbeit“. Diese Ausrichtung tue der Kirche gut, auch wenn sie bisweilen stresse. Denn es sei wie bei jeder Form von Bewegung: sie müsse trainiert werden und sei auch anstrengend.

Die Begegnung mit Menschen an Lebenswenden sei eine besondere Ressource für die katholische Kirche. Ihre rituelle und spirituelle Kompetenz werde nach wie vor angefragt und wertgeschätzt. Sie solle im Gegensatz wertschätzend und unterstützend und mit Qualitätsbewusstsein ihre Sakramente und Kasualien anbieten. Die Kirche habe unschätzbare spirituelle Ressourcen und sie tue gut daran, diese zu pflegen und anzubieten. Wustmans sagt übrigens, dass „die Zugehörigkeit zur katholischen Kirche noch immer für Menschen eine Bedeutung hat, auch wenn diese nicht regelmäßig in unserer Pfarre anzutreffen sind“.

Es gelte weiters, die Talente und Begabungen der Mitglieder des Volkes Gottes zuzulassen und zu fördern, gerade auch jene von Frauen und dies in Leitungspositionen. Sie gelte es zu befähigen und zu autorisieren und dort wirken zu lassen, wo eine Priesterweihe nicht notwendige Voraussetzung sei.

Freude ausstrahlen

Die Pastoral-Experten empfahlen, als Christen Freude auszustrahlen und sichtbar zu machen, aus welchen Quellen wir schöpfen. Kirche müsse an den Rändern präsent sein – etwa für Arme, im Hospiz oder für Flüchtlinge - und solle die Türe für die Menschen offen halten. Auch wenn die „Produktpalette an spirituellen Angeboten“ größer werde, verringere sich die Schar der Christen nicht überall. Es gebe spirituelle Bedürfnisse, wichtig sei die Bereitschaft Neues auszuprobieren.

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